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„Vergiss es, das ist ne E2 vom Nöltner!“. Das erste Interesse an dieser bizarr strukturierten Wand links des Südrisses hatte mein Kletterpartner damals kurz und bündig vom Tisch gewischt – zum Glück muss man wohl sagen, auch wenn ich damals wahrscheinlich gar nicht hoch genug gekommen wäre, um mir ernsthaft weh zu tun. Na ja, irgendwann, Jahre später, musste es dann doch mal sein. Also alles an den Gurt gehängt was Sicherung verheißt und los geht’s. Ja, von wegen. Gar nichts ging los weil schon nach drei, vier Metern an dem ersten kleinen Wulst Schluss war. Als ich endlich eingesehen hatte, dass man die kurze Verschneidung wohl per Querung von rechts erreichen muss anstatt direkt von unten, fing es an zu regnen, was mir die durchaus willkommene Begründung für einen halbwegs ehrenhaften Rückzug lieferte. Ein weiteres Jahr später dann der nächste Anlauf. Inzwischen hatte ein Blick in den einzig wahren Kraus-Topoführer bestätigt, dass die Route tatsächlich von rechts einquert. Das sollte ja möglich sein, das Gelände sieht relativ harmlos aus, aber leider trügt der Eindruck. Verblüffend, wie bröselig-sandig so flacher Fels sein kann. Man schwindelt sich links aufwärts mit unter den Füßen sich auflösenden Tritten und hat die Wahl zwischen sicherungstechnischer Nulllösung und der Chance, nicht nur mitsamt einem Friend sondern auch gleich mit der zugehörigen Schuppe in die Brombeeren abzutauchen. Aber kaum hat man die Verschneidung erreicht, sieht die Welt schon wieder erfreulicher aus und der vertrauenerweckend dimensionierte Ring wird in einigermaßen handelsüblicher Kletterei erreicht.
Nun kommt der eigentliche spannende Teil, der äußerst konzentriertes und zugleich zartfühlendes Klettern trotz deutlich zunehmender Steilheit erfordert. Immerhin findet sich noch vor dem markanten Wabenüberhang eine Sicherungsmöglichkeit, bei der es mich nicht allzusehr wundern würde wenn sie hält. Dort steht man auch noch mal bequem und dann geht es los: Drei Viertel der Griffe und 90 % der Tritte sollte man tunlichst bei der Bewegungsplanung aussortieren und den Rest immer schön gleichmäßig belasten. Ein Zug rauf, gründlich umschauen, wieder runter, ruhen. Zwei Züge rauf, gründlich umschauen, wieder runter, ruhen. Drei Züge rauf... o.k., ich erspare es euch und mir... am Ende hing ich jedenfalls an kleinen Auflegern über dem Wulst während die Füße noch im überhängenden Sandkasten rührten und konnte partout nicht mehr die in Reichweite mich angrinsende Sanduhr greifen. Also mit schwindenden Kräften alles wieder zurück, abbauen, Rückzug, aber die Gewissheit, dass es geht.
Letzter Anlauf: Die Sicherungsfrau mit Helm versehen, die Kinder mit Hängematte und Schokolade vom Wandfuß weggelockt und los. Irgendwie hatte ich inzwischen verdrängt wie viele hinterlistig angebappte Sandbatzen und Filigranscherben da im Überhang drapiert sind, aber mit der bewährten auf-und-ab-Methode lässt sich das auch diesmal entschlüsseln. Schließlich der Zug zur Sanduhr (oh Gott ist die dünn), das Wälzen über den Überhang (bloß keinen Gedanken an die B-Note verschwenden) und am Ende das erleichterte Aufrichten darüber. Die restlichen Meter zum zweiten Ring sind von akzeptabler Konsistenz, so dass man geneigt ist, schon aufzuatmen. Dies wäre aber deutlich zu früh.
Bevor der Server aufgrund meiner epischen Breite in die Knie geht, will ich den Rest kurz zusammenfassen: Gerade oder links vom Ring geht gar nichts, etwas rechts, der Riss, geht zunächst, aber leider nur ein paar Meter, dann hört alles auf. Irgendwann stand ich weit, weit oben auf einer knirschenden Schuppe, die Finger der einen Hand auf eine krümelnde Leiste gekrampft und versuchte, mit der zweiten Fußspitze meinen Weg durch den senkrechten Flechtenurwald nach links in die rettende Rinne freizuscharren, während die andere Hand das um vier Ecken reibende Seil nachzerrte. Gefühlte Stunden später ein breites Band, ein Stand. Noch später dann vergleichsweise harmloses begrüntes Knäckebrot bis zum Gipfelkreuz, Sonne, Aussicht, breites Grinsen im Gesicht und Staunen über die Tatsache, eine Frau zu haben, die mich nicht nur bei sowas sichert sondern auch noch hinterhersteigt und sich danach nicht von mir scheiden lässt..
Also liebe Aspiranten: Im Moment sind mindestens 5-6 essentielle Tritte temporär geputzt und wenn ich das mehrfache plötzliche Straffen des Seil beim Nachsichern kombiniert mit dumpfen Einschlaggeräuschen am Wandfuß richtig interpretiert habe, dürfte auch schon wieder etwas weniger Bruch vorhanden sein. Aber sagt nicht hinterher, ich hätte euch nicht gewarnt...
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